Seit dem Sommerurlaub ist einige Zeit vergangen und es haben sich mir und meiner Frau die unterschiedlichsten Herausforderungen gestellt: Wir beide sind wieder voll eingebunden; volle Schulwoche, volles Hundetraining und ausgelastete Hundebetreuung.
Für die Lebens- und Organisationsstrukturen bedeutet dies in logischer Konsequenz höchste Wachsamkeit, denn bei allen Aufgaben und Herausforderungen, darf im Rahmen der Depressionsbewältigung die Selbstfürsorge und das Einplanen von bewussten Pausen nicht dem Glaubensprinzip "Ich bin nur etwas wert, wenn ich das alles schaffe." geopfert werden. So die Theorie.
Die bittere Wahrheit ist, knapp ein Jahr nach meinem Totalausfall, dass ich die letzten sechs Wochen hart mit mir und der nebligen Welt gekämpft habe.
Im Rahmen eines hohen Stresslevels habe ich mir nicht mehr bewusste Pausen gesetzt, sondern habe mich unreflektiert dem effizienten Funktionieren hingegeben: Möglichst viele Dinge innerhalb von 24 Stunden erledigen. Die Notwendigkeit, etwas für mich selbst zu tun oder eine gemeinsame "Rumgammelzeit" (die wirklich nicht häufig vorkommt) als etwas Positives zu sehen, fiel mir sehr schwer. Teilweise hat dies einfach nicht stattgefunden. Die Folge von diesem rücksichtslosen Verhalten mir selbst gegenüber war die Festsetzung eines Gefühlszustandes, der sich um Wertlosigkeit, Unsicherheit, Ohnmacht, Erschöpfung, Rastlosigkeit und vielen Schuldgefühlen drehte. Der dunkle Nebel der Depression legte sich um mich und ließ kaum noch Licht durch. Die Angst zu versagen, griff wieder tief in meine Denkstrukturen ein. Ich spürte aber zugleich jeden Tag, dass das nicht richtig ist, ich sah meinen Untergang eigentlich auf mich zukommen. Frühwarnsignale des Selbstzweifels versuchte ich zu ignorieren, denn dafür war ja keine Zeit, ich wollte funktionieren.
Das, was ich gelernt hatte und von dem ich wusste, dass es mir hilft, näher bei mir selbst zu sein, ignorierte ich: Ich (die Zeit dafür) war es / war ich mir nicht wert!
Eine Sache versuchte ich allerdings durchzuziehen: Vor etwa zwei Wochen habe ich ein 365-Tage-Projekt gestartet. Jeden Tag ein Foto bei WhatsApp (bzw. einem neuen Instagram-Account) posten. Das ist mir bislang auch gelungen. Und dafür habe ich von ein paar Menschen, die wissen, wie schwer es ist, eine solche Tagesaufgabe zu bewältigen, Zuspruch bekommen. Dafür möchte ich mich bedanken. Danke dafür, dass ihr mich wahrnehmt. Danke, Maren, dass du mich dazu ermunterst!
Mir war also bewusst, dass der Strudel an Depressivität zunimmt und ich konnte einfach nichts dagegen tun. Wirklich? Oder ist das nur wieder eine Ausrede?
Ich habe das Gefühl, dass ich wirklich kämpfe. Mit mir selbst. Ich bin dankbar, dass ich wertvolle Außenanreize bekommen habe: Die Überzeugung meiner Therapeutin, wieder mehr in der Partnerschaft zu kommunizieren, mehr auf meine Gefühle zu schauen (Gefühlsbox), der Hinweis meiner Frau, mir wirklich bewusst zu machen, was an einem Tag schön war (Gut-Tagebuch führen), die Arbeit in Gestaltungstherapie und die Möglichkeit[,] mich mit allerlei Farben am Papier abzuarbeiten ("Papier ist geduldig") und schließlich das Verfassen dieses Blogbeitrages über die letzten Wochen.
Ich bin also nochmal drei Schritte zurückgegangen. Ehrlichkeit gehört aber auch dazu: Ich bin - Stand heute - nicht in der Lage, etwas z.B. Fotografieren um meiner selbst willen einzuplanen. Das bin ich mir gerade nicht wert.