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Wilhelm Heim

Bist du noch wach? Und andere Seefahrerfragen


Ich will ganz ehrlich sein: In den letzten 10 Tagen hat mir die schwarze Dame nicht nur auf die Schulter geklopft und hat sich an unseren Tisch gesetzt; sie hat mir tief in die Augen geschaut. Ich bin in einer depressiven Episode voller Selbstzweifel, Grübelschleifen und Suchtgedanken. Das führte gestern dazu, dass meine Frau mich mit dem Gartenschlauch abspritzen musste, damit ich kurzfristig aus meiner negativen Gefühlsspirale herausfinde.Das war passiert: Auslöser für die psychische Reaktivierung meiner alten (depressiven) Denkmuster waren zwei sehr voller Arbeitstage (um 6.30h morgens losfahren und um 19.00h abends wieder zurückkommen und schließlich noch einmal zwei Stunden bis 22.00h für die Arbeit am nächsten Tag etwas lesen und bewerten). In den darauffolgenden Tagen habe ich zwar Selbstfürsorge betrieben, meiner Depression hat das aber nicht gereicht. Die Tatsache, dass ich jetzt seit vielen Monaten wieder in dem normalen Arbeitsrhythmus bin und der Arbeitsumfang wieder zugenommen hat - auf den Umfang, der bei meiner Tätigkeit als normal gilt - hat alte Denkmuster ausgelöst: Ich schaffe das alles nicht! Wie soll ich noch Rasenmähen (4000qm), das Bad sauber machen, im Hundebereich saubermachen, mich duschen, nette Menschen treffen bzw. mit Ihnen Nachrichten auszutauschen und Unterrichtsvorbereitung machen, damit ich nicht untergehe? Ich fühle mich nicht nur psychisch völlig ermattet, sondern auch körperlich!Während bei meiner Frau der Umfang des Schlafes für das psychische Befinden eine sehr große Rolle spielt, komme ich eigentlich recht gut mit weniger als acht Stunden Schlaf aus. Wenn ich aber über Wochen erst zwischen 23.30h und 00.00h ins Bett gehe und bereits zwischen 4.30h und 05.00h aufstehen, dann leidet auch bei mir der Körper. Und nachdem ich dann gestern kurz vor einer Panikattacke gestanden habe und nicht die Ursache für meinen Zustand finden konnte, haben mir gestern Abend (um ca. 23h) zwei Dinge einen Denkanstoß gegeben, die ich heute Morgen bei der Hunderunde (die dann nur zum Teil grübelnd war, sondern mehr denkend) in vier Erkenntnisse (plus eine weitere) überführen konnte:


  1. Die Umstellung des Tagesablaufes in Bezug auf mehr Schlaf (mindestens sieben Stunden) ist dringend notwendig.

  2. Der Umfang meiner Arbeit hat nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv stark zugenommen. Das ist eine Herausforderung in Bezug auf all das, was auch bei uns privat zu erledigen ist und dabei auch Pausen eingeplant werden müssen.

  3. Im Zuge der Arbeitszunahme hat mich dasselbe Denkmuster wie in den letzten Jahren ereilt: Wie soll ich den "Standard" eigentlich schaffen? Ich neige dazu, nur noch mehr zu tun und die Arbeit zu vernachlässigen (Weg-Bewegung). Dabei ist es so möglicherweise auch nicht zu schaffen. Das muss ordentlich geprüft werden.

  4. Ich setze mich sehr unter Druck, das alles zu schaffen, weil ich denke, dass ich sonst nicht geliebt und wahrgenommen werden. Aber ich darf Pausen machen und mich auch um meine Arbeit kümmern (Tatsache ist nämlich, dass ich mich in Drucksituationen nicht mehr um meine Arbeit kümmere und davor weglaufe; ich kann auch schon mal drei Stunden in einen Monitor starren, ohne dass sich etwas auf der Tastatur bewegt).



Zusätzlich möchte ich euch noch etwas Schönes erzählen:

Vor ein paar Wochen veröffentlichte ich einen Blogbeitrag über Kaffee und ein mir etwas zu teures Fotobuch von Patrick Ludolph (was eigentlich angesichts der 280 Seiten nicht zu teuer ist). Seinerzeit kaufte ich dieses Fotobuch nicht. Eine aufmerksame Leserin des Blogs hat mir gestern dieses wunderbare Fotobuch einfach geschenkt. In meinem depressiven Tief habe ich gedacht: "Das habe ich doch gar nicht verdient!" Sind solche Gedanken nicht sehr traurig? Heute habe ich mich wieder "eingefangen" und freue mich unbändig über dieses großartige Geschenk. Danke, liebe Katharina!



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