Muss ich dankbar für etwas sein, worum ich nicht gebeten habe?
- Wilhelm Heim
- vor 2 Tagen
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Die Achtsamkeitsforschung belegt, dass das Gefühl der Dankbarkeit zu einer grundsätzlich positiveren Einstellung gegenüber anderen Menschen und der eigenen Umwelt führt. Im Weiteren führt dies zu einer geringeren depressiven Stimmung, weniger Angst- und Grübelgedanken sowie zu einem besseren Schlaf. Das kann ich sehr nachvollziehen, weil ein Lebensfokus auf Wertschätzung und Selbstwahrnehmung tatsächlich sich positiv auf das Belohnungszentrum im Gehirn auswirkt. Und mal ehrlich: Es ist einfach ein richtig gutes Gefühl, wenn ich positiv auf die Welt schaue und offen auf Menschen zu gehe.
Also - warum sollte ich eigentlich nicht dankbar sein für etwas, worum ich jemanden nicht gebeten habe?!
Hinter diesem Gefühl steht ein anderes für mich wesentlicheres Gefühl: Das Gefühl der Wertschätzung. Ich möchte dieses von der Dankbarkeit trennen, weil ich bei letzterer unter Druck gesetzt fühle - so eine Art formale Pflicht, danke sagen zu müssen.
Der Anlass des Nachdenkens über Dankbarkeit war vor ein paar Wochen ein Geschenk. Ich habe eine sehr teure Kameraausrüstung geschenkt bekommen - sie ist zwar schon über 15 Jahre alt, hat aber seinerzeit fast 20.000€ gekostet. Vielleicht würde man heute dafür 1500€ erzielen, wenn man sie verkaufen würde (inklusiver aller Objektive). Eigentlich wollte ich das gar nicht annehmen, weil ich mich sehr unwohl gewühlt habe. Die Kamera und die Objektive seien aber bei mir in guten Händen und ich würde die ja auch definitiv benutzen, lautete die Argumentation. Mir würde die Fotografie ja Spaß machen.
Schließlich habe ich die in zwei Taschen verpackte Ausrüstung angenommen und danach nochmals eine E-Mail verfasst und darin gefragt, ob man es sich nicht doch noch einmal überlegen wolle, schließlich sei der Gebrauchtverkauf ja durchaus noch lohnend.
Die Kamera und die Objektive blieben bei mir. Seither habe ich die meisten meiner Fotos im August mit der neuen alten Kamera bzw. den Objektiven gemacht (ich kaufte noch einen Adapter, um die wirklich sehr sehr geilen Objektive an meiner Fujifilmkamera nutzen zu können). Die Kamera gibt mir das Gefühl in einer anderen Zeit unterwegs zu sein. Langsamer, bewusster, achtsamer, wesentlicher.
Es ist also nicht immer entscheidend, dass man immer mit der neuesten Technik arbeiten. Ich musste lernen, mich auf wenige Dinge zu konzentrieren und Prioritäten zu setzen, um das, was ich dann mache, auch spüren zu können. Zum therapeutischen Fotografieren ist also eine 10 Jahre alte Kamera mehr als nur geeignet.



