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Sind Projekte sinnvoll, wenn ich an einer Depression leide?


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Für mich stellen Projekte Ideen, Gedanken und Ziele dar, deren praktische Umsetzung mit etwas Beharrlichkeit, Geduld und Ausdauer über einen längeren Zeitraum verbunden sind. Diese hoffentlich handliche Definition sollte einsichtig sein. Damit stellt ein solches Vorhaben hohe Ansprüche an mich selbst. Wenn ich also eine 365-Tage-Fotoprojekt starte und jeden Tag ein (für mich betrachtet) vorzeigbares Foto posten möchte, dann bedeutet dies: Ein Jahr lang durchhalten und mich nicht von den wirren Winden des Alltags beirren lassen. Ein Projekt von etwas, das ich wirklich gerne mache, sollte also in erster Linie Freude und Lust erbringen und eher weniger Druck erzeugen - was aber unweigerlich passiert, wenn ich über ein Jahr durchhalten muss - sonst würde ich das Projekt nicht mit der Bezeichnung 365 Tage benennen. Wer meinen Blog bisher regelmäßig gelesen hat und weiß, dass die Schwere meiner Depression darin liegt, dass ich mir selbst kaum etwas wert war, also z.B. fünf Minuten am Tag für ein Fotografiebedürfnis zu nehmen, kann erahnen, dass die 365 Tage also eine große Herausforderung darstellten. Zwar mussten die Fotos nicht tagesaktuell sein, aber jeden Tag musste eins gepostet werden. Und das war manchmal sehr schwer. Fotos hatte ich genug, die Kamera war fast immer auf meinen täglichen Hunderunden dabei - aber ich musste mir die Zeit nehmen, die Fotos auf den Computer zu überspielen, diese zu sichten, auszuwählen und diese auf einen weißen Rahmen zu ziehen, damit das Ergebnis ansprechend präsentiert werden konnte (WhatsApp und Instagram / @365tagewelt). Im September 24 startete ich und im September 25 endete ich mit nur einer Tageslücke. Dieser Tag ist mir gefühlt noch in Erinnerung: Er war so stressig, dass ich erst am darauffolgenden Tag merkte, dass ich das Tagesfoto vom Vortag vergessen hatte. Das Ende des Projekts war ehrlich gesagt nicht erleichternd, ich hatte recht schnell den Tagespost in meine Tagesroutine (meist morgens) eingebaut - und es war jeden Tag ein echt geiles Gefühl, mein Foto veröffentlicht zu haben. Als das zu Ende war, entstand eine Leere. Ein Loch - was sollte ich jetzt tun? Nach drei Tagen bekam ich schon das Gefühl, ein neues Projekt starten zu müssen. Ja, zu müssen, weil ein Teil von mir, sich nämlich nicht mehr täglich wiederfinden konnte: Mein künstlerisches Ich.

Von einem Projekt ins nächste Projekt also? Es dauerte noch etwa zwei Wochen, bis ich dann eine umsetzbare Idee hatte: Erstmal ein 30 Tageprojekt. Für mich als Mensch mit einer Depression hat sich herausgestellt, dass ein Freizeitprojekt eine wertvolle Unterstützung aber auch eine Herausforderung darstellt. Mir hat es täglich eine Struktur geboten und es hat sich ein Gefühl der Erfüllung ergeben. Das hat mir geholfen, die "Tagesstimmung" zu heben. Und ja: Fotografieren in Projekten gibt mir einen Sinn: Die Fähigkeit, ein künstlerisches Leben zu führen.

Natürlich können unrealistische Erwartungen und der Druck, Ergebnisse zu erzielen, Depressionssymptome verstärken. Wenn Projekte zur Überforderung führen oder als zusätzliche Belastung wahrgenommen werden, kann dies damit die Depression verschlimmern. Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu finden: kleine, erreichbare Projekte setzen und sich selbst nicht überfordern, um die positiven Aspekte von Projekten nutzen zu können. Und wenn ein Projekt schiefgehen sollte, bin ich dadurch nicht weniger wert.

Ehrlich gesagt: Gerade habe ich ein anderes Thema. Das neue Projekt läuft super und dazu gibt es in Kürze auch einen Beitrag, aber alle anderen Projekte (die es nämlich auch gibt) bereiten mir Kopfschmerzen. Ich bin gerade dabei, zu lernen, dass auch das nicht zu einem Freizeitprojektstress führen sollte, der mit mehr Effektivität zu bekämpfen ist, sondern mit Schwerpunktsetzung und Muße. Das bin ich mir inzwischen wert.

 
 
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