In welcher psychischen und körperlichen Verfassung bin ich eigentlich gerade? Allein diese Frage zu formulieren, fällt mir sehr schwer. Denn ich habe fast das Gefühl, dass sie das Eingeständnis ist, wieder einmal versagt zu haben. Die Antwort bündelt sich metaphorisch in einem Beispiel: Heute Morgen habe ich beim unausweichlichen Ordnen des Tages festgestellt, dass ich mir drei Tagestermine nicht notiert habe. Sie alle haben den gleichen Zeitpunkt - was schwer zu vollbringen ist, da ich nicht an drei Orten gleichzeitig sein kann. Dies ist Ausdruck meiner Verfassung, dies ist Ausdruck dafür, dass ich gerade nicht bei mir bin und gerade auch nicht ich selbst bin. Ich bin zugleich traurig und enttäuscht von mir. Dazu kommt ein schlechtes Gewissen gegenüber den Menschen, denen ich absagen muss, weil ich es nicht “auf die Reihe” kriege. Ich habe gerade keine Lösung.
Diesen ersten Absatz habe ich vor etwa 14 Tagen verfasst. Und ich hatte keine Lösung. Aber mein Körper hatte eine: Rückenschmerzen vom Feinsten. Und zwar jeden Tag noch steigerungsfähig. Es war also an der Zeit, herauszufinden, welche Last ich trug. Erste Maßnahme bestand darin, alle Termine, auch die Freizeittermine, abzusagen und mich auf mich selbst zu fokussieren. (Meiner Frau erging es ähnlich: Detox war angesagt!). Und es mussten ein paar wichtige Dinge geklärt werden.
Erstens hatte ich in dieser Phase wieder mit einem schlechten Gewissen gegenüber den Menschen zu kämpfen, mit denen ich verabredet war; die einen Aufwand für mich betrieben hatten. Das tat mir unendlich leid. Aber: Ich darf mich um mich selbst kümmern! Zweitens: Die psychischen Ursachen von Rücken- und Nackenschmerzen sind nicht zu unterschätzen. Nach einer Stunde mit meiner Therapeutin hatte ich fast keine Rückenschmerzen mehr. Drittens: Ich darf nein sagen und mich abgrenzen. Das war das große Thema der letzten Wochen. Ich bin ein fürsorglicher und hilfsbereiter Mensch, der eine große Harmonie anstrebt und gerne (!) Konflikte vermeidet. Aber in Beziehungen - egal welchen - gehören Konflikte dazu, Konfliktbeteiligte vergewissern sich dabei selbst; Für mich gilt: Ich darf streiten und ich darf nicht streiten, wenn ich nicht beteiligt bin.
Mir geht es nun besser und ich starte in ein weiteres Selbstfürsorgewochenende. Ohne Termine!